Warten…

Niemand wartet gerne, selbst Menschen die viel Zeit haben meiden das Warten. Und doch stehen wir Tag für Tag in Warteschlangen,  im Supermarkt an der vermeintlichen falschen Kasse, an Bus- und Bahnhaltestellen oder auch in Warteschleifen irgend einer Hotline. Drücken sie die 1,2 oder 3…ich hab sie leider nicht verstanden…es sind momentan leider alle Plätze belegt…

Jeder kennt diese Momente, die immer unpassend, quälend und schier unausweichlich scheinen. Dabei beträgt diese Wartezeit objektiv betrachtet nur einen winzigen Bruchteil unserer zur Verfügung stehenden Frei-oder Geschäftszeit.
Die nervige Hotline hat man, auch wenn es einem nicht so vorkommt, im Schnitt in 2 Minuten durchtippt und im Supermarkt ist man meist nach drei Minuten an der Kasse. Befragungen von Kunden ergaben, dass jedoch die gefühlte Wartezeit auf über das dreifache geschätzt wird. Auch wenn es etwas verblüfft, so phänomenal ist das natürlich nicht.

Viel interessanter ist, daß wir im Leben auf viel wichtigere Dinge sehr viel länger warten. Sicher rechtfertigt aus psychologischer Sicht die Wichtigkeit einer Aufgabe oder die Besonderheit einer Sache auch eine längere Wartezeit, leider bedeutet in diesem Falle aber auch Wartezeit = Lebenszeit. Und fast immer sind wir selbst verantwortlich für das eigene Warten und die damit verbundene Stagnation unseres Lebens.

Es geht schon in der Jugend los. Bis zum Schulabschluss oder dem Abi warten unsere Sprößlinge und dann schaun sie mal wie es weitergeht. Die Frage Ausbildung oder Studium wird sich erst frühestens nach Zeugniserhalt gestellt, wenn die Bewerbungsrunden fürs anschliessende Semester schon seit einem halben Jahr vorrüber sind. „…warten wir halt ein Jahr…machen vielleicht ein Praktikum oder jobben nebenbei…“ Im günstigsten Falle klappt es dann nach zwei Wartesemestern, wenn nicht warten sie noch ein Jahr länger…

Nach erfolgreicher Ausbildung oder dem Studium und dem baldigen Erreichen wirtschaftlicher Unabhängigkeit soll erst einmal, auch zu Recht, die geleistete Arbeit und Mühe entlohnt werden. Eigene Wohnung, neues Auto und die Welt kennen lernen…völlig klar und normal…Nur nach ca. 12 Jahren, dem 3. Auto, dem 35. Urlaub und fast 40. Geburtstag antworten viele auf die Frage, wie es denn mit Kindern aussehe immer noch: „Och, wir warten noch…“ Die Gründe sind dann meist, „wir fühlen uns noch nicht reif genug“, warten noch die nächste Gehaltserhöhung ab oder warten bis nach dem Sommerurlaub um darüber überhaupt mal intensiver nachzudenken…

Indes beschäftigen wir uns mit so sinnloser Warterei, wie das Warten auf das nächste Sonderangebot, dass LCD Fernseher wirklich HD-Ready sind, die Digitalkamera mit 20 Megapixel unter 500EUR kostet, darauf dass der Saldo des Bankkontos einen gewissen Betrag überschreitet, dass sich was im Lande ändert und die Politker das Land mal richtig reformieren.
Vielleicht auch darauf, das Jobs in zwei Jahren hinterher geschmissen werden, das Kindergeld 1000,–EUR beträgt und das Benzin nur noch 99ct/l kostet.

Zum einen findet der Kleinkonsum in heutiger Zeit seinen Höhepunkt, zum anderen fallen wir in eine Lethargie und warten auf bessere Zeiten.

In 10 Jahren wird man trotzdem wie immer sagen: „Damals war alles besser, einfacher, billiger…“

…hätt ich doch mal lieber schon damals

m.s.

Author: Matthias