Aktio = Reaktio – Newton in der Kernphysik

Mittels Kernenergie den Energiebedarf der Welt zu stillen (Aktio) birgt, wie die aktuelle Lage Japans zeigt, auch unvorstellbare Risiken (Reaktio).

Ich denke, die Ereignisse in Japan halten im Moment einen Großteil von uns auf diesem Globus in Atem. Egal wie sich die Situation weiter entwickelt, ich bin mir sicher, dass die gesamte Welt die wirtschaftlichen und politischen Folgen des Unglücks schultern muss. Mit über 127 Millionen Einwohnern liegt Japan auf Platz zehn der bevölkerungsreichsten Länder der Erde. Nicht auszudenken was passiert, wenn infolge des Reaktorunfalls, Tokio evakuiert werden muss. Dies ist ein – aus momentaner Sicht – durchaus möglicher Fall. Der japanischen Nation traue ich ohne weiteres zu, in Kürze ein zweites Tokio zu errichten. Die Frage ist nur wo, wenn Japan um ein drittel der Fläche des Landes für immer beraubt werden würde.

Ich verfolge, sicher wie viele andere, mehrere Male am Tag die Nachrichten und stoße immer wieder auf zum Teil völlig widersprüchliche und fehlerhafte Berichterstattungen. Meldungen über Erfolg und Misserfolg bei der Eindämmung der Gefahren wechseln minütlich, so dass Moderatoren schon völlig ducheinander kommen. Fachbegriffe werden durcheinander geworfen, selbst Physiker verwechseln im „ARD-Brennpunkt“ Stahlungsdosis „Sievert“ mit der Aktivität eines radioaktiven Stoffes „Becquerel“ oder auch die Zehnerpotenzen – aus mikro wird milli, und andersrum. Schlechte Recherchen oder einfach der Aufregung geschuldete Versprecher machen mal schnell aus 1000µSv – was ungefähr der natürlichen Radioaktivität pro Jahr entspricht – die, je nach zeitlicher Basis, tödliche Strahlungsdosis von 1000mSv. Da der zeitlichen Bezug fast immer fehlt, ist mit den Informationen aus Funk und Fernsehen eine korrekte Beurteilung der Gefahren nahezu unmöglich.

Hier hilft vielleicht ein wenig Basiswissen:

„Grenzwerte bestehen für Menschen, die durch ihre berufliche Tätigkeit Strahlung ausgesetzt sind, sowie für die allgemeine Bevölkerung.

  • Für beruflich strahlenexponierte Personen wie Mitarbeiter kerntechnischer Anlagen oder Flugpersonal gelten 20 Millisievert pro Jahr als gesetzlicher Grenzwert. Über ein Berufsleben hinweg dürfen hier nicht mehr als 400 Millisievert zusammenkommen.
  • Für die Bevölkerung ist die maximale Belastung durch kerntechnische Anlagen auf 1 Millisievert pro Jahr festgelegt.

Infolge der Unfälle in japanischen Atomkraftwerken werden nun nach und nach Werte vor Ort gemessener Strahlung berichtet. Zum Vergleich: In Deutschland ist pro Jahr ein Mensch im Durchschnitt einer Strahlenbelastung aus natürlichen und künstlichen Quellen von 4,1 Millisievert ausgesetzt, davon 2,1 Millisievert aus natürlichen Quellen und 2 Millisievert (2009: 1,8 Millisievert) aus künstlichen Quellen, hauptsächlich aus der Medizin. Sievert ist die Maßeinheit verschiedener gewichteter Strahlendosen (1 Sievert (Sv) = Tausend Millisievert (mSv) = 1 Million Mikrosievert (µSv)).“ (Quelle: BfS)

„Hinsichtlich der Gefährlichkeit von Radioaktivität müssen verschiedene Risiken unterschieden werden:

  • Strahlenbelastung als Fernwirkung (siehe auch Dosiskonversionsfaktor)
  • Kontamination (Verunreinigung) mit radioaktivem Material, die unter Umständen zu lange andauernder Bestrahlung führen kann, z. B. bei Kontamination der Haut
  • Inkorporation (Aufnahme) radioaktiver Substanz in den Körper durch Einatmen (Inhalation) oder Essen/Trinken (Ingestion).

Diese Begriffe werden in Berichterstattung und Öffentlichkeit oft verwechselt. Entsprechend wird beispielsweise der Begriff „verstrahlt“ anstatt kontaminiert benutzt. Verstrahlung bedeutet – analog der Verbrennung – eine durch Bestrahlung hervorgerufene erhebliche Schädigung oder Verletzung.

Für die zum Teil gefährliche biologische Wirkung ist nicht die Radioaktivität an sich, sondern die davon ausgehende ionisierende Strahlung verantwortlich.“ (Quelle: Wikipedia)

Interessant ist auch ein Ausflug in die Halbwertzeiten:

Das unter anderem im Kernreaktorbrennstoff gering anfallende Neptunium 237Np zerfällt mit 2,144 Mio. Jahren Halbwertszeit durch Alphazerfall zu Protactinium 233Pa. Das ebenso entstehende Plutonium 239 zerfällt mit 24110 Jahren Halbwertzeit, Caesium 137 im Vergleich dazu sehr schnell – mit einer Halbwertzeit von „nur“ 30,17 Jahren.  Das bedeutet jedoch lediglich, dass sich die verbliebene Menge und die damit verbundene Strahlung der jeweiligen Substanz halbiert. Schon eine Caesium 137- Kontamination würde ein Landstrich somit für viele hundert wenn nicht sogar einige tausend Jahre unbewohnbar machen.

Fachlich beurteilt das Bundesamt für Strahlenschutz die Lage in Japan so: https://www.bfs.de/de/kerntechnik/papiere/japan3.html

Alles über Kernenergie gibt es hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Kernenergie

Als Basiswissen deklariert aber doch sehr umfassend – und interesant: https://www.kernfragen.de/

Wenn sich die Strahlenbelastung des deutschen Raums durch den Reaktorunfall in Japan erhöhen würde, dann ließe sie sich erkennen. Hier findet man aktuelle Daten aus dem bundesdeutschen Messnetz des BfS: https://odlinfo.bfs.de/

Ich wünsche der japanischen Nation und allen Helfern alle erdenklich Kraft diese Katastrophe zu überstehen.

ms.

Author: Matthias